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Tage 11 & 12: Gastfamilienwochenende

Aktualisiert: 7. Dez. 2018

Ein Erfahrungsbericht von Lisa B.:

Gegen Abend versammelt sich die deutsche Delegation in einem Aufenthaltsraum. Die Aufregung und Vorfreude steigt ins Unermessliche – gleich treffen wir auf unsere japanischen Gastfamilien. Ein ganzes Wochenende in einer uns unbekannten Familie steht uns bevor. Was wird uns dort wohl erwarten? Was werden wir über das japanische Familienleben erfahren? Haben wir uns ausreichend auf den kulturellen Verhaltenskodex vorbereitet? Viele solcher Fragen gehen uns durch den Kopf. Und dann ist es auch schon sowe: Die ersten Familien treffen ein. Meine Erleichterung ist riesig, als mich die herzliche Familie Taylor freudig in Empfang nimmt. Die Mutter Izumi ist in der Präfektur Yamaguchi geboren und aufgewachsen, der Vater Tom ist gebürtiger Engländer, lebt aber seit 15 Jahren in Japan. Beide arbeiten als Englischlehrer. Zur Familie gehören ebenfalls zwei Söhne – 8 und 10 Jahre alt. Anfangs sind die Jungs schüchtern, aber dann schließen wir uns gegenseitig ins Herz und sie kuscheln und toben mit mir, als würde ich zur Familie gehören. Ein wahnsinnig tolles Gefühl, so in einer Familie aufgenommen zu werden.


Wir fahren nach Hofu ins Haus der Familie. Zum Abendessen geht es in ein traditionell-japanisches Restaurant. Das bedeutet: Schuhe aus und es sich auf einer Futon-Matte sitzend gemütlich machen. Meine Gasteltern bestellen ein Gericht nach dem anderen und ein spektakuläres Buffet wird so vor unseren Augen zusammengestellt. Alles wird geteilt und zusammen genossen. Es schmeckt einfach fantastisch! Eine besondere kulinarische Entdeckung an diesem Abend ist für mich: Fugu – der berühmt-berüchtigte Kugelfisch. Nachdem die Kinder und Izumi ins Bett gegangen sind, lassen der Gastvater und ich den Abend bei Bier, Gin-Tonic und angeregten Gesprächen zu Verhaltens- und Denkweisen und kulturellen Unterschieden in Japan und Europa ausklingen. Noch ein heißes Bad genießen – so wie es in Japan üblich ist – und dann ab ins Bett. Endlich mal sieben Stunden Schlaf – fast schon ungewohnt, aber einfach nur herrlich! Der nächste Morgen beginnt damit, dass mir die Jungs ein paar Brettspiele beibringen und Izumi mit mir gemeinsam Miso-Suppe kocht. Das werde ich auf jeden Fall in Deutschland nachkochen.


Nach dem Frühstück und einer Kissenschlacht quer durchs Haus startet unser Kulturprogramm. Bei Sonnenschein und blauen Himmel überqueren wir zu Fuß die Kintaikyo-Brücke, eine Holzbogenbrücke, die zum Nationalschatz Japans gehört. Natürlich schießen wir hier reichlich Erinnerungsfotos. Danach geht es zur Iwakuni-Burg. In der Burg gibt es ein Museum und Tom bringt mir dort die Geschichte der Samurai und ihrer berühmten Schwerter, die dort ausgestellt sind, näher. Besonders beeindruckend ist auch die wundervolle Aussicht von der Burg aus – einfach den Blick hinab schweifen lassen und in Gedanken schwelgen. Einmalig! Wieder unten angekommen lade ich alle auf ein Matcha-Eis ein.


Die Aussicht von der Burg ist fantastisch.

Und schon geht es weiter… Nach einem kurzen Restaurantbesuch wartet nämlich ein ganz besonderes Highlight auf uns. An diesem Tag findet das wichtigste religiöse Festival des Jahres in der Präfektur Yamaguchi stat: das Hadakanbo Festival in Hofu. Schon ein glücklicher Zufall, dass das Fest genau auf das Gastfamilienwochenende fällt. Wir laufen durch eine lange, mit Essensständen gesäumte Straße. Jenäher wir dem Tenmangu-Schrein kommen, desto größer wird die Menschenmenge. Wir haben uns ein gutes Plätzchen ausgesucht und ich beobachte voller Staunen, wie weiß gekleidete Männer bei dem Umzug mit einem Schrein durch die Straßen laufen. Ein anschließender Besuch des Tenmangu-Schreins und ein gemütliches Bummeln durch die Straßen darf natürlich nicht fehlen. Der Abend endet – fast schon vertraut - mit Gin-Tonic, guten Gesprächen und einem heißen Bad.

Am nächsten Morgen werde ich, wie mit den Jungs abgemacht, sehr früh geweckt. Schließlich wollen wir nochmal die kostbare gemeinsame Zeit für ein paar Spiele nutzen. Anschließend erhalte ich meine zweite Kochlektion: Hühnchen Teriyaki. Wie ungewohnt für mich, mit großen Stäbchen die Hühnchenstücke in der Pfanne zu wenden, also die Stäbchen auch zum Kochen zu nutzen. Ungewohnt für alle, es gibt Hühnchen schon zum Frühstück. Da es einfach köstlich ist, sind wir alle vom Frühstück begeistert und die Männer der Familie sind der Meinung, dass man doch ab nun an öfter Hühnchen Teriyaki zum Frühstück servieren könne. Und auf geht es zu den Abenteuern, die der letzte Tag in der Gastfamilie für mich bereithält. Zuerst besuchen wir eine Mandarinenplantage für Selbstpflücker. Wir klettern querfeldein durch die steilen und staubigen Mandarinenhügel und werden mit einem Obst-Picknick bei strahlendem Sonnenschein und wundervollen Blick aufs Meer belohnt.

Danach besichtigen wir den eindrucksvollen Ruriko Tempel mit seiner fünfstöckigen Pagode und dem dazugehörigen, bezaubernden Garten. Ganz schön touristisch geht es hier zu. Und auch wir schießen ein letztes Mal ganz fleißig Erinnerungsfotos.

Zur Stärkung besuchen wir ein Ramen-Restaurant, denn meine Gastfamilie weiß, wie gerne ich Ramen esse. Ich habe mich in dieses japanische Gericht einfach verliebt - so lecker! Bevor die Gastfamilien uns zurück zur Unterkunft der deutschen Delegation bringen, besuche ich mit meiner Familie ein Onsen. Onsen – das sind von natürlichen, heißen Quellen gespeiste Bäder. Die Bäder sind geschlechtergetrennt, werden ohne Bekleidung betreten, greifen auf eine lange Tradition zurück und sind sehr populär in Japan. Damit geht mein Wunsch in Erfüllung, denn ich habe im Vorfeld des Besuchs der Familie geschrieben, dass ich gerne ein typisch-japanisches Onsen besuchen würde. Die Gastfreundlichkeit der Familie ist beeindruckend, und so ermöglichen sie mir wie selbstverständlich auch diese Erfahrung. Und ich genieße das heiße Wasser in den vielen Becken, entspanne nach den zahlreichen neuen Eindrücken und Erlebnissen und lasse meine Seele einfach nur baumeln.


Wie im Flug ist das Gastfamilienwochenende vergangen. Voller Dankbarkeit und Glückseligkeit lasse ich es auf der Fahrt zum Center nochmal Revue passieren. Wie unglaublich viel Neues man an einem Wochenende über die Kultur, die Geschichte und das Leben in einem anderen Land lernen kann. Einzigartig und wunderschön wird es mir in Erinnerung bleiben. Und dann treffe ich auch schon auf die anderen Teilnehmer der deutschen Delegation. Ihre freudestrahlenden Gesichter verraten es sofor: Auch für sie war das Gastfamilienwochenende ein unvergessliches und geniales Erlebnis. Bei einer Abschlussfeier mit buntem Programm im Youth Outdoor Learning Center verabschieden wir uns feierlich von den Gastfamilien, die wir alle fest in unser Herz geschlossen haben. Wir tanzen eine Polka erst als Gruppe, dann zusammen mit unseren Gastfamilien. Und zuletzt bleibt uns nur noch zu sagen: Auf Wiedersehen, auf gute Freundschaft und unendlich vielen Dank.

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