Freitag, der 16. November, beginnt für die meisten von uns mitten in der Nacht durch einen falsch ausgelösten Feueralarm und einer in jedem Zimmer per Lautsprecher durchgegebenen Entwarnung. Nach einer aufregenden Nacht trifft sich die deutsche Delegation in zwei Gruppen - A und B - aufgeteilt für den ersten Tag des Firmenprogramms.
Gruppe A
Gruppe A trifft sich um 8:40 Uhr, um zur Stadtverwaltung von Tokyo zu fahren. Dort werden wir von einem Mitglied der japanischen Delegation, Kyoko, in Empfang genommen. Im zweitgrößten Bürogebäude von Japan erhalten wir eine Übersicht von Tokyo und dessen Einwohnern.
Während der Gruppenphase sprechen wir über Work-Life-Balance und ziehen einen Vergleich zwischen den Arbeitskulturen in Deutschland und Japan. Besonders spannend finden die Japaner die vielen Möglichkeiten und Varianten der Dualen Systeme von Ausbildung und Studium. Zum Schluss teilen je zwei Japaner und zwei Deutsche persönliche Erfahrungsberichte zu ihrer eigenen Work-Life-Balance. Erstaunlich, wie sehr sich das zuvor Besprochene und die persönlichen Einblicke unterscheiden.
Um 12 Uhr nach der Verabschiedung geht es mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln nach Roppongi, wo es ein typisch japanisches Mittagessen gibt: Bento Boxen.
Das Nachmittagsprogramm findet im Tokyo Midtown Tower statt. Das ist das höchste Bürogebäude in Japan. Zu Beginn schauen wir einen Einführungsfilm über den Gebäudebezirk. Im Anschluss führt uns eine Mitarbeiterin rund eine Stunde über das Gelände und stellt die einzelnen Bereiche des Gebäudekomplexes vor. Dort sind vier Themen umgesetzt: Diversity, Hospitality, On the Green und Creavity.
Zurück im Besprechungsraum diskutieren wir das Thema Work-Life-Balance. Nach persönlichen Berichten und Einschätzungen zur Work-Life-Balance einiger Mitarbeiter vergleichen wir das Vorgestellte mit den Erfahrungen des Vormittags. Das Fazit: Viele Angestellte wünschen sich ein entspannteres Arbeitsklima. Die Unternehmen arbeiten bereits daran und können bereits Erfolge vorweisen.
Gruppe B
Gruppe B macht sich um 8:50 Uhr mit der U-Bahn auf zu ihrem Vormittagsprogramm: Nakamuraya Co. Ltd., ein großer Lebensmittelhersteller für Backwaren, aber auch für internationale Gerichte wie indisches Curry, russisches Borschtsch oder Chukaman: gefüllte chinesische Teigtaschen.
Auf dem Weg haben wir ersten Kontakt mit dem Berufsverkehr einer Metropole. Auch wenn das Berufschaos grade abebbt, war es doch erstaunlich, wie voll die Züge noch sind.
Gruppe B wird an der U-Bahn dann von Junnosuke, einem Teilnehmer der japanischen Delegation, abgeholt. Im Verwaltungsgebäude angekommen werden wir freundlich begrüßt und die Firma ausführlich vorgestellt. Selbst wenn viele Lebensmittel rein maschinell hergestellt werden, liegt der Anspruch auf "Qualität wie handgemacht" und es gibt immer Raum für Verbesserungen. Diese sollen dem Kunden aber nicht als Veränderungen auffallen, da sonst die Gefahr bestände, den Kunden zu enttäuschen.
Bei Nakamuraya Co. Ltd. können wir gut nachvollziehen, wie traditionelle Handwerkskunst auf dem Level eines Großunternehmens einen hohen Stellenwert behält, indem die Fertigungsprozesse der Handarbeit nachempfunden werden. Gleichzeitig setzt man weiterhin auf Innovation, die das Unternehmen damals vom kleinen Backunternehmen so erfolgreich werden ließ. Beispiel: Pizza Chukaman, gedämpfte Teigklöße mit Tomaten-Käse Füllung. Die wären sicher auch in Deutschland ein Hit! Den Abschluss bildet dann ein Essen im Restaurant des Flagship Store in Shibuya mit leckerem indischen Curry. Danach geht es zügig weiter, da der nächste Termin ansteht. Zuvor verabschiedet sich die Gruppe jedoch gebührend mit Dank und Geschenken.
Das Nachmittagsprogramm bietet dann noch ein weiteres besonderes Event. Es geht ins nationale Nō-Theater, ein traditionelles japanisches Theater, das im 14. Jahrhundert entstand. Wir bekommen eine exklusive Führung hinter den Kulissen und dürfen sogar ganz vorsichtig eine der unbezahlbaren Holzmasken und einen kostbaren Kimono anprobieren. Danach bekommen wir sogar ein wenig Unterricht in der Kunst des Theaterspielens. Einzigartigkeit hier: Die Referentin, die in eine Nō-Theater spielende Familie hinein geboren wurde, ist in einem traditionell von Männern ausgeübten Beruf tätig. Richtige Profis in dieser Theaterform gibt es nur rund hundert Personen in Japan.
Nach einem typisch japanischen Abendessen geht es dann als Höhepunkt in eine Nō-Theater-Aufführung. Gesungen in alt-japanisch, also für Japaner selbst teilweise unverständlich, hätten wir wahrscheinlich selbst mit guten japanisch-Kenntnissen nicht viel verstehen können. Zum Glück gibt es auf kleinen Bildschirmen Untertitel auf Englisch. In aufwändigen traditionellen Gewändern und begleitet von japanischen Musikinstrumenten wird eine Geschichte von einem Schwertschmied erzählt, der durch die Hilfe des Fuchsgottes Kitsune ein Schwert für den Kaiser schmiedet.
Nach der tollen Aufführung bedanken wir uns dann noch mit Gastgeschenken bei den Organisatoren des Nō-Theaters.
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