An diesem Wochenende ist es endlich soweit: Das ersehnte Wiedersehen der japanischen und der deutschen Delegation steht an. Die japanischen Teilnehmer sind aus allen Ecken des Landes angereist, um im National Olympic Memorial Youth Center in Tokyo zu uns zu stoßen.
Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Delegationsleiter teilen wir uns in vier Diskussionsgruppen auf. Je zwei Gruppen tauschen sich über folgende Themen aus:
Thema: Work-Life-Balance und Karriereplanung
Nach einer persönlichen Vorstellungsrunde, in der wir über unsere Berufswahl reden, starten wir mit der Ideensammlung auf Basis folgender Punkte:
Aufgaben & Probleme bei der Arbeit
Bereits bestehende Verbesserungen/Lösungen
Ideale/r Arbeitsweise/Vorgesetzter
Was kann der Arbeitgeber/ich verbessern?
Die Ideensammlung verläuft sehr rege, von allen Teilnehmern kommen interessante Fragen und spannende Berichte aus dem Arbeitsleben.
Um den Austausch und die Resultate für die anderen Delegationsteilnehmer greifbar und verständlich zu machen, planen wir zwei kurze Theaterstücke, welche die Eigenheiten von japanischen bzw. deutschen Firmen darstellen. Folgende Punkte verarbeiten wir im ersten Theaterstück, welches in einer japanischen Firma spielt, die einen Deutschen einstellt:
Kleiderordnung (Anzug- und Krawattenpflicht)
Stellung des Vorgesetzten (Sichtbarmachen der Hierarchie)
Spezialisierung (Arbeiten in verschiedenen Themenbereichen)
Für das zweite Stück, welches in einer deutschen Firma spielt, die einen Japaner einstellt, werden folgende Punkte zugrundegelegt:
Stellung des Vorgesetzten (Chef als Teil des Teams)
Kleiderordnung (lockere Kleidung meist geduldet)
Arbeitszeit (Gleitzeit und Home Office)
Die Theaterstücke überspitzen die genannten Punkte, damit sie ohne allzu viel Wörter verständlich sind. Uns ist wichtig, dass deutlich wird, dass in beiden Ländern erstrebenswerte Vorzüge zu finden sind. So könne wir voneinander lernen und den Arbeitsalltag noch besser zu gestalten.
Tradierung von handwerklichen Kompetenzen
Auch in den beiden anderen Diskussionsgruppen, die das Thema “Tradierung von handwerklichen Kompetenzen" hat, findet in einer freundschaftlichen Atmosphäre ein reger und produktiver Austausch statt.
Die Früchte dieses Diskurses stellt die eine Gruppe in einem Sketch dar, der eine alltägliche Situation schildert: Zwei Kunden müssen die Wahl zwischen einem günstigen, jedoch qualitativ minderwertigen Produkt und einem höherpreisigen und dafür qualitativeren Artikel treffen. Die erste Entscheidung der Kunden fällt auf das günstige Produkt, worauf in dem mittelständischen Betrieb, der mit viel Handarbeit das qualitativere Produkt gefertigt hat, symbolisch Mitarbeiter entlassen werden.
Das soll zeigen, dass wir mit unseren täglichen Konsumentscheidungen direkt beeinflussen, ob wir Großkonzerne mit unseren Käufen unterstützen oder regionale Betriebe. Letztere sind zwar teurer, dafür tradieren sie durch Handarbeit Kompetenzen und beschäftigen Mitarbeiter statt Maschinen. Gleichzeitig wird jedoch auch klar, dass es wirtschaftlich für kleinere Unternehmen kaum möglich ist, den marktführenden Unternehmen die Stirn zu bieten.
Die zweite Gruppe führt ein Schaubild vor, welches die essenziellen Punkte für ein Gelingen der Tradierung von Handwerkskompetenzen in einem Kreislauf aufzeigt:
Wirtschaftlichkeit,
Heimatliebe,
Sicherung von Wissen und
Arbeitsbedingungen.
Das Fazit dieser Präsentation ähnelt dem der anderen Gruppe: Um das klassische Handwerk zu erhalten, muss man den Arbeitnehmern und Arbeitgebern wirtschaftlich und arbeitstechnisch lohnenswerte Bedingungen schaffen und somit das Handwerksgewerbe attraktiv machen. Außerdem ist es wichtig, Fachwissen zu erhalten und zu vermitteln. Ergänzt werden diese Punkte durch die Heimatliebe, die als moralischer Kompass in der Konsumgesellschaft dienen sollte.
Abendprogramm
Nach dem Abschluss des Wochenendseminars ziehen wir mit der japanischen Delegation in Richtung Shibuya. Hier, in einem der belebtesten Stadtteile Tokyos, wollen wir eine gute Zeit zusammen verbringen. Wir teilen uns auf, da die Größe der Gruppe (über 40 Leute!) die Kapazität jedes der kleinen gemütlichen Restaurants sprengt, mit denen die Straßen Shibuyas gesäumt sind. Nach einem ausgiebigen Essen mit allen erdenklichen japanischen Leckereien machen wir uns auf dem Weg zu einer Karaoke-Bar. Dort kommen die Gruppen wieder zusammen und wir feiern und singen bis tief in die Nacht.
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